Offener Brief an Jürgen Czernohorszky, Wiener Klimastadtrat.

Sehr geehrter Herr Klimastadtrat,
lieber Jürgen Czernohorszky!

Die Klimakrise ist das drängendste Problem unserer Zeit! Die Wissenschaft warnt unisono: sofortiges Handeln ist die einzige Chance, um unseren Kindern und Enkelkindern eine intakte Ökosphäre zu hinterlassen. Die Stadt Wien hat deshalb in ihrer Fortschrittskoalition ein neues Resort geschaffen: Klima prangt öffentlichkeitswirksam an erster Stelle Ihrer Aufgabenbereiche!

Die größten und schnellsten Emissionsreduktionen könnten im Verkehrssektor erzielt werden, gerade in Österreich das Sorgenkind in der Bilanz. Ein Klimastadtrat müsste also per definitionem der Vorkämpfer für eine Verkehrswende sein! Er müsste leidenschaftlich für eine Neuverteilung des öffentlichen Raumes zu Gunsten klimafreundlicher Mobilität werben und sich gegen eine Verkehrsstadträtin stellen, wenn diese davon spricht „Autofahrer nicht beschneiden zu wollen“. Ein Klimastadtrat kann nicht die Seestadt Aspern als „smart city“ anpreisen, als autoberuhigte Stadt der kurzen Wege, und im selben Atemzug erklären, dass dort eine Autobahnanbindung benötigt wird! Ein Klimastadtrat darf sich 2021 nicht für neue Straßenbauprojekte einsetzen, die enorme Flächen versiegeln und ein Mobilitätskonzept auf Jahrzehnte einbetonieren, das uns geradewegs in die Katastrophe führt. Wenn er es doch tut, sollte man seine Berufsbezeichnung besser in Klimawandelanpassungsstadtrat ändern. Weil mehr ist nicht drinnen mit Sprühnebelduschen und Fassadenbegrünung.

In einer Diskussionssendung haben Sie neulich ein Plädoyer „mit heißem Herzen“ für einen Bottom-Up Ansatz in der Klimapolitik gehalten. Sie wollen die WienerInnen mitnehmen und ermächtigen, ein gutes, klimafreundliches Leben zu führen. Aus meiner Sicht ist die Initiative Cabriobeet genau so eine Pionierpflanze: ein Cabrio ist derzeit der einfachste und unbürokratischste Weg, ein Hochbeet im öffentlichen Raum zu betreiben. Wien, Du bist ein Parkplatz! Wir wollen Menschen ermutigen, mehr Platz für ein klimafreundliches Leben in der Stadt einzufordern. Wir wollen zeigen, dass der öffentliche städtische Raum so viel mehr sein könnte als nur lebloser Stellplatz für den motorisierten Individualverkehr, den ihre Partei ohnehin bis 2030 um die Hälfte reduzieren möchte.

Leider wurde unser Antrag für zwei Hochbeete in der Parkspur von der zuständigen Magistratsbehörde mit der Begründung abgelehnt, es wäre sonst mit einer Vielzahl an Folgeanträgen zu rechnen. Moment mal: hier wird einer sozial verträglichen, klimafreundlichen Idee amtlich attestiert, dass sie eine Breitenwirkung haben könnte? Das ist ja grandios! Und deswegen, weil viele BürgerInnen das Hochbeet in der Parkspur einem Auto vorziehen könnten, wird es nicht genehmigt? In der anfangs erwähnten Diskussionsendung haben Sie wörtlich gesagt: „Fläche umverteilen, Fläche neu verteilen ist ganz sicher der zentrale Weg“. Wir würden uns wünschen, wenn sie diese Haltung nicht nur artikulieren, sondern auch gegenüber der Verkehrsstadträtin einmahnen: die verkauft das flächendeckende Parkpickerl um 10 Euro im Monat nämlich als Erfolg für den Klimaschutz. Wir sind der Meinung: das ist viel zu billig für die Privatisierung von 10 Quadratmeter öffentlichem Raum! Liebe SPÖ! Öffnet die Parkspuren. Das Zeitalter des motorisierten Individualverkehrs ist längst vorbei. Schickt eure Betonierfraktion in die wohlverdiente Pension und hört, was eure Junge Generation zu sagen hat!

Christoph Schwarz, 26.11.2021
Im Rahmen der Demonstration von Fridays for Future vor der SPÖ Zentrale, Wien

www.cabriobeet.net

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