Sparschwein

ein Mockumentarfilm von Christoph Schwarz (2024, 97min)

Synopsis

Filmemacher Christoph Schwarz ist pleite. Da kommt das Angebot eines Fernsehsenders gerade recht, ein Jahr lang einen „Klimastreik“ im Selbstversuch zu verfilmen. Schwarz setzt eine Verschärfung des Experiments durch: ein „Geldstreik“ als kapitalismuskritischer Einstieg in den Klimaaktivismus und als einmalige Gelegenheit, sich um das Filmbudget heimlich das langersehnte Wochenendhaus im Waldviertel zu kaufen.

Schwarz erprobt suffiziente Lebensstile, rettet Lebensmittel aus der Tonne, baut am Kreisverkehr Erdäpfel und in einem Cabrio Kräuter an, veranstaltet Fahrraddemos und blockiert Autobahnbaustellen. Das Problem, mit einem Film über einen Geldstreik selbst Geld verdient zu haben, wird Schwarz allerdings nicht so leicht los.

Ein selbstironischer Meta-Dokumentarfilm über Doppelmoral in Zeiten der Klimakrise, über die Privilegien des Autoverkehrs in der Stadt und die Möglichkeiten, dagegen anzukämpfen – humorvoll erzählt mit dem für Christoph Schwarz typischen, spielerischen Umgang mit Wahrheit und Lüge.

Medienberichte

Ö1 Kulturjournal zu „Sparschwein“ (22.5) hier
FM4 Beitrag hier
Standard Artikel hier
Furche Artikel hier
Christoph Schwarz in der FM4 Morning Show hier
Falter Filmbesprechung hier
 

Materialien

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Interview zu Christophs Geldstreik (Nov 2021)

Screenings

Premiere auf der Diagonale 2024
Kinostart in Wien im Stadtkino / Admiralkino
Tour im Rahmen von NEW VOICES im Juni durch ausgewählte Programmkinos in Österreich.
Sommerkino-Screenings bei Kino wie noch nie, Volxkino, Shortynale, Auto:Frei:Tag uvm.
Deutschland Premiere auf den Hofer Filmtagen 2024.

Stadtkino Filmverleih

Siebensterngasse 2/12, 1070 Wien
+43 1 361 81 81
office@stadtkinowien.at

Neubaugasse 45/13
A-1070 Wien, Österreich
Tel: +43 1 526 09 90 0
office@sixpackfilm.com

Credits

Eine Produktion der
ARGE SCHWARZ

Buch & Regie
Christoph Schwarz

erzählt von
Robert Stadlober

Mit Judith Revers, David Sonnenbaum, Georg Glück, Hanna Schwarz, Michaela Schwarz, Rosa Schwarz, Rafael Haider, Catalina Molina, Lisa Weber, Ani Gülgün-Mayr

Sounddesign Matthias Peyker
Audiomix Wolfgang Lehmann
Bildgestaltung Georg Glück, Marie-Thérèse Zumtobel, Lukas Schöffel, Sonja Aufderklamm,   Christian Schwab
Artwork Stefanie Hilgarth
Farbkorrektur Daniel Hollerweger
Schnitt Christian Schwab
Produktion Daniel Bleninger
Dramaturgische Begleitung Rafael Haider, Johanna Hieblinger, Magdalena Schrefel
Regie & Produktionsassistenz Constanze Oedl  
Mitarbeit Offtext Anna Rot, Fabian Faltin, Johanna Hieblinger
Setfotographie Florian Rainer

gefördert von
BMKOES Filmabteilung
Stadt Wien
Land Niederösterreich

in Zusammenarbeit mit
ORF Film/Fernseh-Abkommen

 

Interview mit Christoph Schwarz zum Filmstart von „Sparschwein“
15.5.2024, Bank an der Neuen Donau

Christoph, du hast ja mittlerweile schon Publikumsgespräche zu SPARSCHWEIN geführt. Was waren die häufigsten Fragen nach dem Film?

Um die ORF-Redaktionsleiterin aus SPARSCHWEIN zu zitieren: „Nicht-Geldausgeben interessiert jeden“. Es kamen natürlich häufig Fragen nach meinem Geldstreik und den Geldverbrennungen. Meine Antworten darauf kamen mir nicht immer zufriedenstellend vor.

Der Ablauf deines geldfreien Jahres ist ja das strukturgebende Element in Sparschwein. Du hast ja wirklich ein Jahr lang Geld bestreikt. Was waren deine wichtigsten Erkenntnisse?

Ich habe mich im Rahmen des geldfreien Jahres ja vor allem für Klimaaktivismus eingesetzt, die Erfahrungen des geldfreien Lebens waren für mich ehrlich gesagt weniger wichtig als das Nachdenken über Aktivismus. Zwei Dinge könnte ich aber nennen: Ich habe nach einiger Zeit begonnen, den Geldstreik als Normalzustand zu begreifen, und das Lösen von Problemen mit Geld wie ein Schummeln. Das Leben kam mir wie ein Computerspiel vor, in dem man Herausforderungen durch Cheats löst. An dieser Sichtweise ist vieles falsch, wenn man bedenkt, das Geld ja auch die Funktion hat, nicht Vergleichbares vergleichbar zu machen. Richtig ist aber auch: ein Computerspiel, bei dem man die ganze Zeit schummelt macht keinen Spaß mehr. Ich war meinem fixen Regelwerk dankbar: jemandem, der aus purem Geiz kein Geld ausgeben möchte, wird wenig Sympathie entgegengebracht. Wenn man aber erzählt, dass man einen Film über ein geldfreies Leben dreht, leuchtet das allen ein und ich wurde von allen sehr offenherzig unterstützt. Und wenn ich dann komplett ehrlich erzählt habe, dass der Protagonist in meinem Film ohne Geld lebt, weil er sich um das Produktionsbudget ein Wochenendhaus gekauft hat, hat die Unterstützung nicht nachgelassen sondern es wurde erst so richtig lustig. Das hat mich oft erinnert an den Bettler, der auf sein Schild geschrieben hat: „Bitte helfen Sie mir, ich möchte mir gern zwei Bier kaufen“, und alle spenden gerne, weil sie Ehrlichkeit belohnen wollen.

Du hast zwei Erkenntnisse angekündigt…

Ja! (denkt kurz nach). Meine selbstgewählte Geldlosigkeit hat mir eine ziemliche Stärke verschafft. Ich war nicht ökonomisch unterlegen aus vermeintlich eigener Schwäche, sondern aus einem selbstgewählten Schicksal. Ich war in dem Jahr richtig stolz auf mich, und hab diesen Stolz ganz offen vor mir hergetragen. Die Situationen, wo es mir peinlich war, kein Geld zu haben, waren sehr selten. Die Erkenntnis, dass wir mit einem postmateriellen Lebensstil der Gesellschaft, unserem Leben auf dem Planeten etwas Gutes tun, lässt in mir den Wunsch aufkeimen, ein neues Selbstbewußtsein eines konsumreduzierten, C02-armen Lebens aufzubauen. Wir könnten doch stolz darauf sein, in den Ferien eine Wanderung direkt von der Haustür weg zu machen, anstatt in den Flieger auf Madagaskar zu steigen, um dort wandern zu gehen. Reparierte Dinge sollten keinen Makel darstellen, sondern einen Mehrwert. Gebrauchte Dinge sollten nicht als ökonomische Kompromisse geframt werden, sondern als „things with experience“.

Du verbrennst mehrfach Geld, um herauszuarbeiten, dass so am wenigsten CO2 Emissionen entstehen. Hast Du dafür schon viel Schelte erfahren?

Die Szene hat mir natürlich Ärger eingebracht. Das komplizierte daran ist: der Protagonist schafft es ja, seine Kapitalismuskritik in ökonomisches Kapital zu überführen. Im Grunde hat Christoph aber recht: Geld möchte investiert werden. Es ist für unser Leben auf dem Planeten tatsächlich besser, mehr Menschen würden 15.000 Euro verbrennen, als sich einen Kleinwagen zu kaufen. Aber niemand würde der Autobesitzerin ins Gewissen reden: „Du könntest so viel Gutes damit machen!“ Letzlich symbolisieren diese Geldverbrennungen meine Überzeugung, dass wir ein paar Glaubensgrundsätze hinterfragen müssen: Ein anziehender Privatkonsum ist nicht positiv. Auf ein gutes Weihnachtsgeschäft zu hoffen ist nicht gut fürs Klima. Ein Tourismusboom ist nicht gut für das Klima. Am liebsten habe ich es, wenn man mir dann Naivität vorwirft. Naiv ist doch zu denken, dieser Wachstumsrausch wird niemals aufhören. Wir machen die Rechnung ohne der Physik.

Du wirst von einer Freundin in einer Szene als „Kompromissclown“ bezeichnet, einer meiner Lieblingsbegriffe im Film, sie bezieht sich auf deinen privilegierten Hintergrund, deine Eltern, die deinen Anteil an der Miete zahlen, um dich eines moralischen Betrugs zu überführen. Das, was drauf steht, ein „Geldstreik“, ist offensichtlich nicht konsequent drinnen.

Die Frage nach der Miete kam wie das Amen im Gebet. Menschen haben sich in ihrem Weltbild herausgefordert gefühlt, wenn jemand daherkommt, und meint, er lebt jetzt ohne Geld, und dann wird dieser wichtige Anteil seiner monatlichen Kosten von den Eltern getragen. Das ist ja wie ein aufgelegter Elfmeter, um dann gleich das ganze Experiment abzutun als wenig ernsthaft. Ich hab aber wirklich ein Jahr konsequent ohne Geld gelebt, in der Art und Weise, wie es für mich eben möglich war. Das Suchen nach meinen Schummeleien ist ein verständlicher Reflex, aber erinnert mich an die Vegetarierin, die ausgelacht wird, wenn sie einmal im Monat bei Fleisch zugreift. Eigentlich sollte sie damit das Role Model für alle sein, aber sie wird dann als Beweis hergenommen, warum es eben doch nicht ohne Fleisch geht und beruhigt das Gewissen derer, die es keinen Tag ohne Fleisch aushalten.

Du wirst ja immer wieder nach deinem filmischen Markenzeichen befragt, der unscharfen Trennung zwischen Dokumentation und Spielfilm. Was sich aber auch durch all deine Filme durchzieht, ist die Konstruktion einer Film-im-Film Handlung. Was hat es damit auf sich?

Ich hab das einmal als „metafiktionalen Reflex“ bezeichnet. Auch wenn ich es mir anfänglich bei einem neuen Projekt vielleicht gar nicht vornehme, früher oder später ist er wieder da, der Sprung auf die Metaebene. Als aufgeklärte MedienkonsumentInnen wissen wir natürlich Bescheid, wie stark die Voraussetzungen, einen Film zu machen sich auf den Inhalt auswirkt. Einen Dokumentarfilm, der einen Blick auf die Welt wagt, beeinflussen die Verhältnisse bestimmt noch stärker. Wenn ich mich dann mit meinen Plots auseinandergesetzt habe, fand ich es immer bereichernder und unterhaltsamer, den Prozess der Kunstproduktion mitzuerzählen. Das war in vielen meiner Kurzfilme so, und auch bei SPARSCHWEIN spielt ein großer Teil der Handlung auf dieser Metaebene.

Warum vertraust Du deinen Plots nicht, warum brauchst Du diesen Sprung auf die Metaebene? Ist es nur der Unterhaltungsfaktor, der sich einstellt, wenn man dem Filmemacher Schwarz beim Scheitern zusieht?

Das ist bestimmt auch ein Grund. Ich bin schon mal nicht akribisch genug bei der Recherche. Einen Dokumentarfilm über geldfreies Leben müsste man schon ganz anders aufziehen als das, was in Sparschwein darüber erzählt wird. Wenn ichs mir genau überlege, sind das zwei gegensätzliche Motivationen, die dahinter stehen: einerseits möchte ich meinem Publikum keine Eindeutigkeit aufs Auge drücken, dh der Zweifel, der sich bei mir in vielen Fragen einstellt, den möchte ich gerne miterzählen. Andererseits ist diese vorgebliche Ehrlichkeit eines Metaplots, wo man sein Publikum in die Dramaturgie des Films und die Zwänge des Regisseurs einweiht auch ein Trick, um eine gewisse Nähe zum Publikum zu erzeugen. Ich bin da in gewisser Weise ein Hütchenspieler, der kleine Tricks offenbart, um den großen Coup zu verheimlichen.

Wie fühlt es sich an, das eigene Leben vor einer breiten Öffentlichkeit zu offenbaren?

Ich habe ja 2010 damit begonnen, Protagonist in meinen Kurzfilmen zu sein. Sparschwein ist mein Versuch, all die Erfahrungen dieser Herangehensweise mal in einer Langform auszuprobieren – ich habe mich also schon ziemlich daran gewöhnt, mir selbst zuzuschauen, wie ich überfordert etwas daherstammle oder im Pyjama durchs Wohnzimmer schlurfe. Durch das Verweben von Fakt und Fiktion fühle ich mich ganz gut aufgehoben als fragwürdige Figur, die man trotz aller Ehrlichkeit nicht ganz einordnen kann. Der Plot von SPARSCHWEIN lädt ja richtig dazu ein, Dinge misszuverstehen, das Format der Mockumentary lässt vieles im Dunkel.

Du hast einmal erwähnt, dass die Figur des Johan Nilsen Nagel in Knut Hamsuns „Mysterien“ dich inspiriert hat. Könntest Du dazu was sagen?

Inspiriert ist das falsche Wort. Es gibt kein Buch, das ich so oft gelesen habe wie „Mysterien“, und ich bin noch immer nicht vollständig drauf gekommen, was es für mich so bemerkenswert macht. Der Protagonist, Johan Nilsen Nagel ist ein schräger Vogel, der das Leben einer norwegischen Kleinstadt innerhalb kürzester Zeit auf den Kopf stellt. Er ist einerseits ungemein ehrlich in seinen Äußerungen, trägt sein Herz auf der Zunge, aber der Leser wird komplett im Ungewissen gelassen, was die Figur wirklich bezweckt. Nagel geht absolut ehrlich mit allen Menschen um, dichtet sich selbst charakterliche Schwächen an, die aber als Lügen durchschaut werden und ihn danach in ein besseres Licht rücken ­– was er aber ebenfalls freimütig zugibt. Sympathisch, nett, hilfsbereit und freundlich zu sein, aber gleichzeitig zuzugeben, dass das alles nur kalte Berechnung ist, schmälert ja eigentlich den ursprünglich guten Eindruck. Nagels Spiel mit Ironie, aber auch Hamsuns Spiel mit einer Öffentlichkeit, die in Nagel wohl auch oft Hamsun selbst wiedererkannt hat, das finde ich ungemein interessant. Und oft hat man bei dieser Figur das Gefühl, das Leben ist für ihn nur ein großes Spiel. Da steckt extrem viel drinnen, es ist mein absolutes Lieblingsbuch.

 

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