Die Prophezeiungen von Aspern

Videointerventionen am Großbildschirm zur Herren-Fußball-WM
Kurzbeschreibung

Zeitgenössische Orakel dienen Christoph Schwarz zur Voraussage von Spielen bei der Fußball-WM 2018 in Russland. Assoziative Versuchsanordnungen basierend auf dem Alltag des Künstlers werden täglich neu auf dem Großbildschirm am Urbanen Feld vorgeführt und unterbrechen den klar geskripteten Ablauf der Vorberichterstattung. Die Form des amateurhaften Handyvideo steht dabei in einem diametralen Gegensatz zu der Hoch- technologie einer 35qm großen LED Wand, und unterstützt den interventionistischen Cha- rakter der kurzen Clips.

Über PUBIC VIEWING @ notgalerie

Ein populärkulturelles Großereignis auf LED Videowand im Outback der Seestadt Aspern und der Körper der notgalerie, die sich seit einem Jahr auf einem Hügel dieses Geländes als weitgereiste Gesamtinstallation behauptet, bilden ein ungewöhnliches Spielfeld. Für die darauf stattfindende Begegnung formieren die beiden Künstler Reinhold Zisser und Christoph Schwarz ein Team von Wiener Kunstschaffenden um sich. Gemeinsam untersuchen sie das Spannungsfeld zwischen der sakralen Vergangenheit des Gebäudes, das 1946 nach Ende des Zweiten Weltkriegs in Döbling auf einem von Schuttbergen bedeckten Bauplatz als Notkirche errichtet wurde, und dem Regime der Bilder, welche das Fußballgroßereignis hier inszeniert.

Wenn der kollektive Blick zu einem schamhaften Gucken umgedeutet wird, soll damit nicht zwingend auf das Unbehagen angespielt werden, das entsteht, wenn Nationalismen unter dem Deckmantel eines sportlichen Wettkampfes gepflegt werden. Die Logik des Titels beschreibt vielmehr die Rolle eines Ausstellungsraums eingebettet in die Maschinerie einer populärkulturellen Großveranstaltung: auf den ersten Blick als Fehler wahrgenommen, kann eine Auseinandersetzung mit den künstlerischen Inhalten die bestehende Ordnung herausfordern und einen frischen zweiten Blick auf die Welt ermöglichen
.

Spezifikationen

25 Clips á 90-120sec
PUBIC VIEWING / notgalerie Seestadt
Online Release bei notgalerie & flux23

Zu „Die Prophezeiungen von Aspern“
Daniel Bleninger

Wenn Christoph Schwarz in der vierten Folge der Prophezeiungen von Aspern die sogenannte Kollektivwachstumssimulation vorstellt, mit deren Hilfe er das Ergebnis der Partie Brasilien-Schweiz einwandfrei voraussagen kann, ist das natürlich nur charmanter Beschiss, da ist sich das Fußballpublikum einig. Wie soll das auch mit rechten Dingen zu gehen, wenn mit sympathetischer Magie eine Verbindung zwischen einem Kresseflies und der topographischen Abbildung des jeweiligen Landes in einem Schulatlas herbeigeflunkert wird, um dann anhand der Größe und Dichte der fertig gekeimten Kressepflanzen den Sieger der Partie zu bestimmen? In den meisten Fällen (nämlich in genau in 61%) lag Schwarz mit seinen Prophezeiungen daneben. Wenn in 39% der Spiele aber ein richtiger Sieger, in 23% sogar die richtige Torwette vorausgesagt wurde, ertappt man sich dabei, Schwarz‘ kruden Methoden Glauben beizumessen.

Dabei geht es natürlich nur auf den ersten Blick darum, durch Zufallstreffer prophetische Qualitäten zu beweisen. Der Untertitel zur Videoserie bringt uns eher auf die Spur, denn für Medienkünstler Schwarz ist der Kontext, Zitat, „die halbe Miete“. Es handelt sich um Vi- deointerventionen auf dem überdimensionierten LED Bildschirm eines der größten Public Viewings in Wien, also um Inhalte, die den natürlichen Ablauf einer Fußballübertragungen, in diesem Fall der sog. „Vorberichterstattung“, unterbrechen, erweitern, und dadurch in ein neues Licht rücken. Schwarz ironisiert die Einschätzungen der Experten am Bildschirm, die durch profunde Analyse der Vergangenheit einen Blick in die Zukunft wagen, indem er vorgibt, auf Expertenwissen der Wettquotenersteller zurückzugreifen. Schwarz ermöglicht es durch offensichtliche Scharlatanerie dem Fußballpublikum einen Schritt aus dem Dispositiv herauszutreten und einen frischen Blick auf die mediale Grammatik einer Fußballübertragung zurückzugewinnen. Wem kann man denn überhaupt noch trauen.

Abgesehen davon sind die von Schwarz ersonnenen Methoden und Simulationen zur Be- stimmung eines Spielergebnisses allesamt sehr unterhaltenswert: In der Justask-Methode wird gezeigt, dass man bei den diplomatischen Vertretungen der am Spiel beteiligten Länder direkt nachfragen kann, auf welches Ergbnis man sich bilateral geeinigt hat. Wir erfahren vom sogenannten Balanceakt, mit dem betrunkene Zöllner bereits in den 1930er Jahren den Sieger der nächsten Begegnung ermitteln konnten, wir lernen den Flow-Faktor kennen, der Spanien als eindeutigen Sieger gegen den Iran identifiziert, und sehen, dass das Eigeninteresse des Spielgeräts entscheidend ist.

Die Prophezeiungen von Aspern erschienen täglich neu auf der Facebookseite der notgalerie und flux23, und waren als Interventionen vor den jeweiigen Spielen am Großbildschirm des Public Viewing Aspern Nord zu sehen.

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