About
„Video als Medium, autofiktive Versuchsanordnungen als Inhalt, selbsterfüllende Prophezeiungen als Methode, das Kino als idealer Rezeptionsraum. “ (Daniel Bleninger)
„Wenn mich wer fragt, was für Kunst ich mache, lüge ich irgendetwas daher. Wenn das dann rauskommt, sage ich, das ist eben die Kunst, das Lügen.“ (Christoph Schwarz)
Drei Fragen an Christoph Schwarz
Gespräch zwischen Christoph Schwarz und Daniel Bleninger
Alte WU, Althangrund, Wien IX., April 2025
Christoph, Du arbeitest in den letzten Jahren vorallem als Filmemacher. Begonnen hast Du nach deinem Studium an der Universität für Angewandte Kunst aber als Medienkünstler, der seine Arbeiten in Ausstellung und Galerien ausstellt. Wie kam es zu dieser Entwicklung?
Ich habe erst nach meinem Studium 2010 auf einer einsamen Reise mit dem Containerschiff nach China meine autofiktionale Filmsprache entwickelt (Anm. der Kurzfilm „Supercargo“ ist hier zu sehen). Seit dem drehe ich hauptsächlich Filme, die selbstreferentiell von meinem eigenen Leben und meiner Arbeit handeln – und im Idealfall auf Festivals zu sehen sind. Oder ich entwickle partizipative Interventionen im öffentlichen Raum, die dann in Form von Videos auf Ausstellungen zu sehen sind. Im direkten Vergleich bekommt man für narrative Formate von einem Kinopublikum natürlich mehr Aufmerksamkeit als von einem Ausstellungspublikum.
Wie kam es dazu, dass Du dich so stark mit Klimaaktivismus beschäftigst?
Ich hatte 2019 die naive Hoffnung, dass sich in dieser Frage endlich etwas Grundlegendes bewegt, und ein wahnsinnig schlechtes Gewissen gehabt, dass meine Generation in dieser Frage so wenig weitergebracht hat. Mit meinem ersten Langfilm „Sparschwein“ habe ich versucht, meinen Weg in den Klimaaktivismus in eine narrative Struktur zu packen und darin unterhaltsam von unserem Umgang mit der größten Herausforderung unserer Zeit zu erzählen. Konkret: wie wir damit in meiner Heimatstadt Wien umgehen. Diese Entwicklung zum Klimaaktivisten war schleichend, und ich mache keine großen Unterschiede zwischen Kunst, Aktivismus, Leben und Arbeit – am liebesten mag ich es, wenn die Grenze sogar für mich selbst nicht mehr zu ziehen ist.
Die drei Punkte Selbstreferenz, Identität, Wahrheit/Lüge sind ausnahmslos in allen Filmen allgegenwärtig. Kannst Du deine Faszination zu diesen Themen umreißen?
Ich habe bald nach Abschluss meines Studiums intuitiv begonnen, mich selbst als Akteur in den Kunstprozess einzubringen. Dabei ging es mir gar nicht um Selbstdarstellung, sondern eher um Ehrlichkeit. Was soll denn mein künstlerisches Material sein, wenn nicht ich selbst? Ich versuche in meiner Kunst immer sehr ehrlich zu sein- und dann werden ein paar Parameter an einer Geschichte, an einem Setting verändert und ich lasse Ideen zu, die nicht der Wahrheit entsprechen, aber durchaus wahr sein könnten. Ideen und Gedanken, die ab dem Moment, wo sie ausgesprochen sind, durchaus die Möglichkeit haben, wahr zu werden. Und die Selbstbezüglichkeit hat ja auch ganz stark mit Ehrlichkeit zu tun. Wenn ORFIII eine Residency ausschreibt, ist es für mich ein ehrlicher Ansatz zu sagen, ich nehme diese Ausschreibung beim Wort und mache genau das, was draufsteht: ich ziehe mit Sack und Pack am Küniglberg in eine Atelierwohnung und bin der „embedded artist“ der ein Fernsehkunstwerk schafft (Anm der Kurzfilm „Der Sender schläft“ ist hier zu sehen). Diese ehrliche Reaktion auf ein von außen an mich herangetragenes Projekt ist ganz oft mein Motor, ebenso wie die Konstruktion des Film-im-Films. Oft wurden meine Filme auch als „Videotagebuch“ definiert, wo ebenfalls deine drei Punkte zum Tragen kommen: Selbstreflektion um die eigenen Identität besser zu verstehen, und dabei lügt man sich natürlich ein Stück weit selbst an.