Supercargo
Kurzbeschreibung
Der Wiener Medienkünstler Peter Moosgaard erfährt auf einer Trivial-Pursuit Karte von den Cargokulten Melanesiens. Die Ureinwohner begannen in den 1950er Jahren, die Gesten der amerikanischen Besatzungssoldaten oberflächlich zu imitieren, um eine göttliche Fracht, das Cargo, vom Himmel zu locken: Funkgeräte werden also aus Holz geschnitzt, Flugzeuge aus Ästen und Lianen gebaut und mit Bambusstöcken bewaffnet in Reih und Glied marschiert. Moosgaard beschließt, diese Strategie auf die westliche Kunstwelt zu übertragen. Im Stil eines Videotagebuchs verfolgt Supercargo die Entwicklung der sogenannten Cargokunst von der Kunstuni bis zum großen Durchbruch.
„Ideen hatte man nicht mehr selbst, Ideen fand man im Internet. Gleichgültig, welcher Geistesblitz einen traf, nach kurzer Googlerecherche war klar, es hatte längst schon jemand gemacht. Die Idee war tot, umsonst, das Original von vorgestern.“
Wie generiert man als junger Künstler Aufmerksamkeit? Peter Moosgaard, der neuen Medien überdrüssig, lässt sich durch eine Trivial-Pursuit-Frage inspirieren. Gleich melanesischen Eingeborenen, die westliche Technologien (Flugzeuge!) aus Holz nachbauten, bastelt er primitive Artefakte, sogenannte Cargos, um hiesige Fixierungen auf Objekte aufzuzeigen. Zum Beispiel einen Computer aus Astwerk. Damit aus der Idee ein Hype wird, benötigt es jedoch noch etwas mehr. SUPERCARGO, eine smarte Mockumentary, liefert das Making-of der Erfolgsgeschichte Moosgaards (die Ko-Regie übernahm Christoph Schwarz), eine ironische Analyse des Kunstbetriebs in Zeiten von Ich-AGs und Effizienzsteigerung. In Tagebuchform (Stimme: Fritz Ostermayer) gibt er preis, dass Planung nicht alles ist: Auch »b’soffene Gschichten« vermögen Eigendynamik zu entfalten. (Dominik Kamalzadeh, Der Standard)
Credits
Offstimme Fritz Ostermayer
mit Peter Moosgaard, Robert Pfaller, Valerie Lange, Bernhard Garnicnig, Philipp Friedrich
Buch & Regie
Christoph Schwarz & Peter Moosgaard
Screenings
Diagonale 2016
Vienna Shorts 2016
Kino unter Sternen
Stuttgarter Filmwinter
Antimatter Festival Vancouver
dotdotdot Personale
Katalogtext bei sixpackfilm
Jana Koch
Eine Trivial Pursuit-Karte, so heißt es im Film, verortet sogenannte Cargokulte auf den ozeanischen Vanuatu-Inseln: Indigene Bevölkerungsgruppen imitierten dabei aus simplen Rohstoffen Geräte und Gesten US-amerikanischer Soldaten. Diese Nachbauten von Funkgeräten aus Holz und symbolische Landebahnen sollten Flugzeuge voller Fracht vom Himmel locken, Glück und Wohlstand bringen. Über jene rituellen Praktiken nähern sich Filmemacher Christoph Schwarz und Medienkünstler Peter Moosgaard kunsttheoretischen Diskursen zu Kopie, Fälschung und Originalität an – zumal sich Letzterer in einer Schaffenskrise befindet und im Aufspüren des „Supercargos“ den ersehnten Durchbruch wähnt: Kunstwerke werden imitiert und technische Konsumgüter aus Ästen als funktionsuntüchtige Attrappen nachgebaut.
Supercargo operiert dabei in mehrfacher Hinsicht mit echten Fakes, denn wie auch in früheren Arbeiten von Christoph Schwarz sind Fiktion und Dokumentation derart miteinander versponnen, dass die Aufnahmen selbst zum spielerischen Material geraten. Mit präzisen Einstellungen wird der Findungsprozess begleitet, die Off-Stimme Fritz Ostermayers dominiert die Bilder aus der stellvertretenden Perspektive eines Ich-Erzählers und hält die Sequenzen als tagebuchartige Narration zusammen. Eine selbstironische Note läuft gleichsam als Hintergrundrauschen mit: in Beratungsgesprächen mit dem Philosophen Robert Pfaller etwa, das Konzept aktuellen Trends der Kulturszene anzupassen. Oder wenn die Spurensuche nach verborgenen Riten in der Provinz nicht so recht gelingen will, und zuvor angepriesene „Austrocargo“-Phänomene mit aufmüpfigen Jugendlichen fingiert werden müssen, um die Mogelpackung nicht auffliegen zu lassen. Am Ende der künstlerischen Suchbewegung bleibt die Erkenntnis: „Das Warten ist der schwierigste Teil.“ (Jana Koch)