Ich hoffe aufs Weihnachtsgeschäft
Kurzbeschreibung
Als konsequentes Statement im Rahmen seines einjährigen Geldstreiks transformiert Christoph Schwarz die Funktionalität und physische Beschaffenheit seines Künstlerhonorars. Aus Kohle wird Kohle. Ist das die Zukunft des Klimaaktivismus, oder nur ewig schad‘ ums schöne Geld?
Aktion zur Eröffnung der Gruppenausstellung „Coming Soon – A Climate Fiction“ von Theater Ansicht in den SOHO Studios Ottakring, Wien am 9.12.2022
Credits
Performance, Österreich 2022
Dauer: 15min
Regie Christoph Schwarz
Kamera Lukas Schöffel
Postproduktion Christian Schwab
Download Presskit
„Das beste Geld ist das, das nicht ausgegeben wird“
Interview mit Christoph Schwarz nach seiner Geldverbrennungsaktion
Soho Studios, 9.12.2022, transkribiert von Daniel Bleninger
Christoph, warum hast Du soeben dein Künstlerhonorar von 360 Euro abgefackelt?
Als klares Statement zur unglaublichen Verlogenheit der Politik: an jeder Ecke werden Klimaziele formuliert, aber gleichzeitig gehofft, dass das Weihnachtsgeschäft anzieht, dass der Konsum gesteigert wird. Es muss klar gesagt werden, dass Wirtschaftswachstum immer zu Emissionssteigerungen führt und wir einen anderen Weg einschlagen müssen. So gesehen ist das beste Geld das, das nicht ausgegeben wird.
Wie ist deine Performance strukturiert gewesen?
Die Arbeit ist ein improvisierter Monolog, in dem ich mit unseren Ausreden abrechne: wir schieben ökonomische Gründe vor, warum wir nicht energisch auf die Klimakrise reagieren. Wir meinen, es uns nicht leisten zu können, das Klima stabil zu halten. Klassischer Weise ist in unserem Sprachgebrauch ganz natürlich verankert, dass das Weihnachtsgeschäft ein Segen für uns alle ist. Dass wir gerade die letzte Chance verspielen, halbwegs erträglich noch viele Generationen auf diesem Planeten zu leben, weil wir jetzt konsumieren wollen, ist traurige Tatsache. Nebebei habe ich mit einem Bunsenbrenner 340 Euro verkohlt, die auf eine Holzplatte geklebt waren. Das Resultat sieht erschreckend schön aus.
Im Vorfeld kam der Vorwurf, man könne mit Geld auch viel Gutes tun – warum hast Du es nicht einfach gespendet?
Wenn Du für 360 Euro auf einen Wochenendtrip nach London fliegst um dir ein Footballspiel der NFL anzuschauen, würde niemand auf die Idee kommen, dir den Rat zu geben, es einfach bleiben zu lassen und stattdessen das Geld zu spenden. Für die Erfüllung individueller Konsumträume haben wir alle großes Verständnis. Ich möchte aufzeigen, wie wenig wir die konsumistischen Grundpfeiler unserer Gesellschaft hinterfragen, und möchte Menschen ermutigen, sich gegen den Wahnsinn eines immerwährenden Wirtschaftswachstums zu positionieren.
In deinem Monolog schwang viel Konsumkritik mit. Wolltest Du dem Publikum die Freude an den Weihnachtsgeschenken vermiesen?
Es geht überhaupt nicht darum, individuelle Lebensstile zu bewerten. Es geht darum, dass es endlich starke Gesetze braucht, die das Emittieren von Treibhausgasen empfindlich teurer machen. Wir brauchen eine ehrliche Wertedebatte, ob es uns wirklich allen gut geht, wenn die Wirtschaft wächst. Mit allen meine ich dezidiert auch unsere Kinder und Enkelkinder, die unsere ökologischen Schulden bitter bezahlen werden.
Du hast dich im letzten Jahr vorallem als Verkehrsaktivist mit dem „Cabriobeet“ und dem „Cabriostrand“ zu Wort gemeldet – wo siehst Du den Zusammenhang zwischen Konsumverweigerung und der Verkehrswende?
Viele Menschen in Wien leben bereits ohne Auto, eine breite Mehrheit sieht bereits die Schäden, die die autogerechte Stadt angerichtet hat. Bei der Frage, wie es mit dem Konsum und unserem Beharren auf Wachstum und Arbeitsplätze steht, fehlt mir aber noch eine breite und ehrliche Diskussion.
Christoph Schwarz (41) ist Filmemacher und lebt mit seiner Familie in Wien-Alsergrund. Für seinen Essayfilm „Die beste Stadt ist keine Stadt“, der multiple Sichtweisen auf die Seestadt Aspern vereint, wurde er 2020 mit dem Österreichischen Kurzfilmpreis ausgezeichnet. Der Film ist noch bis Ende des Jahres auf der Website von Christoph Schwarz zu streamen: www.christophschwarz.net/dbsiks