Am 1. April feierte in München der „Beskidenösterreicher“
Dr. Herbert
Patzelt seinen 80. Geburtstag. Als Teschen-Schlesier gehört er zu den Mitteleuropäern, die
unter den Grenzziehungen des vergangenen Jahrhunderts schwer zu leiden hatten.
Er hat durch seine intensive kirchengeschichtliche Arbeit das Erbe der
„Mutterkirche vieler Länder“, wie das evangelische Teschen
genannt wurde, nicht nur bewahrt, sondern weitergegeben an die nachfolgenden
Generationen.
Hier ist vor allem an seine Geschichte der Evangelischen
Kirche in Österreichisch-Schlesien (Dülmen 1989) zu
erinnern, in der dieses altösterreichische Panorama besticht. Die Konflikte
zwischen den Nationalitäten (Polen, Tschechen, Deutsche) in dem seiner
Industrie wegen sehr wichtigen Teschener Raum nehmen
breiten Raum ein, denn sie wirkten sich auch auf den kirchlichen Alltag aus und
bestimmten die weitere Entwicklung über den Zusammenbruch der
Habsburgermonarchie hinaus. Heute fließt mitten durch die Stadt der Grenzfluß Olsa und trennt das
polnische vom tschechischen Teschen.
Als Wahl-Südtiroler, nämlich als Kurprediger am Gardasee, dann
vor allem als Pfarrer von Triest stand er unserer Kirche immer nahe,
insbesondere der Stiftung De la Tour in Treffen, an deren diakonischer Arbeit
er von Triest aus stets Anteil genommen hat. Die Gräfin Elvine
de La Tour hatte ihre Gemeinden Görz und Triest mit der Diakonischen Arbeit in
Treffen bei Villach eng verknüpft. Patzelt geht in
seiner Geschichte der Evangelischen am Golf von Triest (München 1999) darauf
ein. Sie ist nicht nur eine liebevolle Darstellung der Triestiner
und Istrianischen Kirchengeschichte, sondern auch ein
sehr schöner Beweis dafür, dass Territorialkirchengeschichte keine langweilige
Lektüre für Ewiggestrige sein muss, sondern einen packenden Spannungsbogen zum
Heute des Lesers findet.
Dieses aktuelle Interesse spürt man aus allen seinen
Veröffentlichungen heraus. Ein besonderes Gewicht legt er auch auf die
Querverbindungen zwischen Kirchen- und Literaturgeschichte. Patzelt
hat mit einer Arbeit über den Pietismus im Teschener
Schlesien (Göttingen 1969) den Doktorgrad der Theologie erworben – nota bene an der Comenius-Universität
in Pressburg/Bratislava, wo heute das Institut für die Kirchengeschichte des
Donau- und Karpatenraumes untergebracht ist. An seiner Errichtung in den 70er
Jahren in Wien war er als zeitweiliger Vorsitzender des Ostkirchenausschusses
der EKD engagiert beteiligt. So grüßt ihn an seinem Ehrentag nicht nur die
Gesellschaft für die Geschichte des Protestantismus in Österreich, sondern auch
das erwähnte Pressburger Institut und wünscht ihm einen gesegneten Lebensabend.
Karl Schwarz